Mitte November habe ich fünf Tage lang die Stadt Aberdeen und die umliegende Region Aberdeenshire im Osten Schottlands besucht. Vieles habe ich gesehen und möchte Ihnen Lust machen auf eine Region voller Kultur, Tradition und faszinierender Natur, die auf keiner Schottlandreise fehlen sollte.
Von Frankfurt aus geht es in knapp zwei Stunden per Direktflug mit Lufthansa nach Aberdeen. Das ganze Jahr über, wird diese Verbindung in die drittgrößte Stadt Schottlands dreimal täglich angeboten. Einmal angekommen, eröffnet sich einem die bezaubernde schottische Landschaft, reich an Kultur und Geschichte. Entlang der Küste kann man auf 270 km Länge kilometerlange Strände, Klippen, Leuchttürme, Burgruinen und einzigartige Fischerdörfer erleben. Und mit etwas Glück zeigen sich auch Delphine. Entlang Schottlands Nordostküste lebt die weltweit nördlichste Population der Großen Tümmler. Auch die beeindruckende Berglandschaft der Cairngorms, ein Teil der Grampian Bergkette inmitten des größten Nationalparks Großbritanniens, eingeschnitten vom Tal des Flusses Dee, prägen diese einzigartige Landschaft.
Und so beginnt auch gleich unsere Erkundung. Erstes Ziel ist der „Castle Trail“. In Aberdeenshire, einer Region mit über 70 Burgen und Schlössern, befindet sich Schottlands einzige Burgen- und Schlösserroute, entlang derer 17 der schönsten Bauwerke besucht werden können. Zwei davon stehen auf unserem Programm: Ein Schloss wie aus dem Bilderbuch ist Fraser Castle, mit seinen Ecktürmchen und Runderkern. Zu bestaunen ist dort das Laird’s Lug, eine kleine Öffnung in der Decke der Großen Halle, durch das der Hausherr selbst in einer kleinen Nebenkammer versteckt, den Gesprächen seiner Gäste lauschen konnte. Auch Crathes Castle besuchen wir. 1323 schenkte Robert de Bruce das Anwesen der Familie Burnett, auf das diese 200 Jahre später ein Schloss bauen lies. Eine Besonderheit stellen die aus dem Jahr 1600 stammenden bemalten Holzdecken und die schönen Gärten dar. Und nicht zuletzt befindet sich auch Balmoral Castle, der Sommersitz der königlichen Familie in dieser Region, von Königin Victoria einst liebevoll als „Paradies in den Highlands“ bezeichnet.
Wer träumt nicht davon, einmal eine Nacht in einem Schloss zu verbringen? Wir besuchen den Laird of Kincardine Andrew Bradford und seine Frau Nicola in ihrem Zuhause, dem Ende des 19. Jh. erbauten viktorianischen Kincardine Castle. Für Gruppen von 6 bis 27 Personen, bietet sich hier ein besonderes Erlebnis, denn das Schloss kann exklusiv für Abendessen mit oder ohne Übernachtung gemietet werden. 16 traditionell eingerichtete Schlafzimmer stehen den Gästen zur Verfügung. Im eleganten Speisesaal unterhält Andrew seine Gäste bei einem mehrgängigen Abendessen. Bis in das 8. Jahrhundert könne er seine Ahnen zurückverfolgen, erzählt er uns bei der Führung durch den eleganten Raum. Ein ganz außergewöhnlicher Anblick für mich: Neben ihm an der Wand hängt ein Gemälde mit seinem Porträt. Kaffee, Tee oder einen After-Dinner-Drink nimmt man anschließend bei einem prasselnden Feuer in der gemütlichen Lounge ein. Ein wahrhaft unvergessliches Erlebnis! Die Region bietet neben diesen exklusiven Unterkünften aber auch sehr schöne und gute „normale Hotels“. Und so vermitteln Thainstone House, Ardoe House, Raemoir House, Meldrum House oder Banchory Lodge, die wir alle sehen konnten, seinen Gästen Country House Flair in schöner Naturkulisse. Hier fällt es schwer einen Favoriten zu finden.
Natürlich darf auf einer Schottlandreise der Besuch einer Whiskybrennerei nicht fehlen. Wir besuchen die östlichste Brennerei Schottlands Glengarioch Distillery, sowie die Brennerei Fettercairn. Auf Führungen werden wir mit dem Herstellungsprozess des schottischen Nationalgetränks vertraut gemacht. Besonders beeindruckend ist der Blick auf die glänzenden, meist kupfernen Brennblasen in denen der Alkohol destilliert wird. Deren Größe und Form sind in jeder Brennerei unterschiedlich und beeinflussen entscheidend den späteren Geschmack des Whiskys. Auch ein Besuch der Lagerhäuser, in denen die Eichenfässer dem Gesetz nach mindestens 3 Jahre lang lagern müssen um als schottischer Whisky zu gelten, ist etwas Besonderes. Beim Betreten des Gebäudes, betört einen sofort das wunderbare Aroma des so genannten „Angels‘ Share“ oder „Engelsanteil“. So bezeichnet wird der Anteil der natürlichen Verdunstung des Alkohols in den gelagerten Fässern. Und eine Brennerei ist nicht gleich der anderen. Es lohnt sich mehrere zu besuchen, um sich mit den jeweils individuellen Besonderheiten vertraut zu machen.
Einen Tag widmen wir natürlich auch der Hafen- und Universitätsstadt Aberdeen, die aufgrund ihrer vielen Granitbauwerke auch als „Silver City“ bekannt ist. Die Ölindustrie spielt für die drittgrößte Stadt Schottlands eine sehr große Rolle, hat aber auch Besuchern viel zu bieten. Auf einer Stadtrundfahrt sehen wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. In der Nähe der Union Street, der Hauptstraße Aberdeens fällt das beeindruckende Marishal College, zweitgrößtes Granitgebäude der Welt, ins Auge. In Old Aberdeen, sehen wir das aus dem 15. Jh. stammende Universitätsgebäude King’s College und die aus Granit erbaute St. Machar’s Kathedrale. Ein Bummel lohnt, durch den schönen Duthie Park mit seinen Wintergärten oder durch die ehemalige Fischersiedlung Footdee, mit seinen kleinen Cottages nahe den modernen Hafenanlagen gelegen. Auch das Maritime Museum in dem die detailgetreue Nachbildung der Murchison-Ölplattform bestaunt werden kann, ist einen Besuch wert.
Ich habe über diese Tage eine Region Schottlands erleben können, die unglaublich viel zu bieten hat, traditionell und modern zugleich ist, eine weit reichende Geschichte und wunderschöne Natur aufweist. Auf einer Schottlandrundreise lohnt es sich auf jeden Fall, ein oder zwei Nächte in Aberdeen und Umgebung miteinzuplanen.
Bilder: Copyright by Conti-Reisen
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